Veranstaltung: | Stadtparteitag Dresden Kommunalwahlprogramm 2019 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 3.G) Dresden als nachhaltig wirtschaftende und forschende Stadt |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Stadtparteitag |
Beschlossen am: | 12.01.2019 |
Eingereicht: | 15.01.2019, 15:45 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Dresden als nachhaltig wirtschaftende und forschende Stadt
Text
G) Dresden als nachhaltig wirtschaftende und forschende Stadt
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich seit Jahren stabile und nachhaltige
wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Dresden ein.
Die zunehmende Konkurrenz um Flächen in einer wachsenden Stadt bekommen auch
Unternehmen zu spüren. Um auch in Zukunft weitere Ansiedlungen und die
Erweiterung bestehender Betriebe zu ermöglichen, wurde auf unsere Initiative hin
eine Fortschreibung des kommunalen Konzepts zur Gewerbegebietsentwicklung im
Stadtgebiet beschlossen.
Wir stehen für den Schutz bestehender inhaber*innengeführter Kleingewerbe,
nachhaltig entwickelte Gewerbeansiedlungen, bezahlbaren Gewerberaum, die
Stärkung der Dresdner Bauwirtschaft und des Dresdner Handwerks, die
Unterstützung von Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie Start-
Ups und die Gewinnung von Fachkräften aus dem nationalen und internationalen
Raum.
G. 1) Die Zukunft der Wirtschaft ist grün und kreativ
Nachhaltige Ansiedlungen und grüne Gewerbegebiete
Dresden ist eine wachsende Stadt. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich
bestehende Unternehmen erweitern und sich mehr Firmen in Dresden ansiedeln. Wir
werden uns dafür einsetzen, dass dies nach Nachhaltigkeitskriterien geschieht.
Bei neuen Gewerbegebieten und Firmenstandorten im Stadtgebiet und an der
Peripherie Dresdens muss bereits bei der Planung eine Erschließung dieser
Gebiete mit Bus, Bahn und Fahrrad berücksichtigt werden. Beispielsweise muss
Dresden Unternehmen dabei unterstützen, eine fahrradfreundliche Infrastruktur zu
schaffen. Mögliche Maßnahmen können die Bereitstellung von Fahrrad-
Abstellmöglichkeiten und Lademöglichkeiten für E-Bikes sein. Neben einer guten
Erreichbarkeit zeichnen sich „Grüne Gewerbegebiete“ durch viele weitere
nachhaltige Faktoren aus. Dazu zählen eine verbesserte Flächeneffizienz, die
Energieversorgung aus erneuerbaren Energien und ein nachhaltiges
Grünflächenmanagement. Wir treten für Entsiegelungsmaßnahmen in aktiven
Gewerbegebieten ein und für eine nachhaltige Bewirtschaftung der gewonnenen
Flächen.
Bezahlbaren Gewerberaum schaffen und erhalten
Eine lebendige Stadt der kurzen Wege braucht eine Durchmischung von Wohngebieten
mit verträglichem Gewerbe. Die Nachbarschaft kann die Identifikation mit lokalen
Betrieben stärken und zu einer Verlagerung des Konsums auf lokale Produkte
beitragen. Im Rahmen der planungsrechtlichen Möglichkeiten soll die
Stadtverwaltung darauf hinwirken, dass Erdgeschosse bei Neubauten als
Gewerbeeinheiten geplant werden. Damit insbesondere gemeinwohlorientierte und
weniger profitable Unternehmen nicht aus der Stadt verdrängt werden, muss
Dresden sich stärker um Schaffung und Erhalt von bezahlbarem Gewerberaum
bemühen.
Kultur- und Kreativwirtschaft unterstützen
Die Unternehmen der Kultur und Kreativwirtschaft konnten im Jahr 2016 etwa 1
Mrd. Euro Umsatz in der Stadt generieren. Das entspricht 5 Prozent der Dresdner
Gesamtwirtschaft. Seit vielen Jahren setzen wir Grüne uns in besonderem Maße für
die Unterstützung der Branchen ein. Mit unserer Unterstützung erfolgte u. a. im
Februar 2012 die Gründung des Kreativwirtschaftsverbandes „Wir gestalten
Dresden“.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich auch weiterhin für die Erschließung und den
Erhalt von bezahlbaren Arbeitsräumen ein. Mit dem Programm zur Förderung von
Investitionen in Arbeitsräume haben wir ein Erfolgsprogramm auf den Weg
gebracht, von dem mittlerweile über 70 Unternehmen der Kultur- und
Kreativwirtschaft profitiert haben.
Auch in Zukunft sehen wir den direkten Austausch von Kultur- und
Kreativwirtschaft und Industrie sowie Handwerk und Forschung als ein wichtiges
und zu förderndes Handlungsfeld, um Unternehmen zukunftsfähig zu entwickeln und
die Erfahrungen von langjährig bestehenden Unternehmen mit der Kreativität von
Start-Ups zusammenzuführen.
Start-up-Szene und Existenzgründer*innen fördern
Für die nachhaltige gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische
Entwicklung ist ein gesundes Umfeld für Existenzgründer*innen und junge
Unternehmen unabdingbar. Start-ups sind Quelle weitreichender Innovationen und
ein wertvolles Gut für Dresden. Insbesondere junge Unternehmen mit ökologischen
und sozialen Geschäftsideen verdienen Unterstützung. Gerade bei dieser Art von
Start-ups steht zumeist nicht allein der Gewinn im Vordergrund, sondern
besonders die Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft. Hier sollte der
gesellschaftliche Impuls durch das Zukunftsstadt-Projekt aufgegriffen und
weitergeführt werden.
Ein gesundes Umfeld für junge Unternehmer*innen und Existenzgründer*innen
zeichnet sich dadurch aus, dass die politischen und wirtschaftlich etablierten
Akteur*innen den notwendigen Unterstützungsbedarf erkennen und entsprechend
handeln. Wir GRÜNE stehen daher für die Schaffung einer Start-up-Kooperative
zwischen den großen sächsischen Hochschulstädten Chemnitz, Leipzig und Dresden,
die auf Zusammenarbeit und nicht auf Konkurrenz baut.
Förderprogramme sollten beispielsweise nicht mehr konkurrierend um den Standort
gestaltet werden.
Die Stadt Dresden hat bereits verschiedene Möglichkeiten zur Unterstützung von
Gründer*innen geschaffen, u.a. in Form von Betreuung und Coachings, aber auch
abgewandelt in Form der Kreativraumförderung. Wir GRÜNE wollen bestehende
Angebote insbesondere mit Ausrichtung auf soziale und ökologische Start-ups
stärken. Wir werden eine städtische Start-up-Förderungsgesellschaft mit
Gründerinnenzentrum schaffen. Dieses kann beispielsweise durch spezielle
Mentoring-Programme Frauen bei der Gründung von Unternehmen unterstützen.
Regionale Bauwirtschaft und Handwerk stärken
Wir setzen uns für den Erhalt der regionalen Bauwirtschaft und die Unterstützung
der Handwerks- und Gewerbebetriebe in der Stadt und Region ein. Dies erfolgt in
erster Linie bei der Ausschreibung und Vergabe von städtischen Bauaufträgen im
KITA-, Schulhausbau-, Sportstätten- und Straßenbau. Durch kleinteilige und
gewerkeweise Ausschreibungen geben wir kleinen und mittelständischen Unternehmen
die Chance, sich an Ausschreibungs- und Vergabeverfahren der Stadt zu
beteiligen.
G. 2) Fachkräftemangel begegnen – Wirtschaft und Wissenschaft vernetzen
Der Fachkräftemangel ist für Dresdner Unternehmen unterschiedlichster Branchen
Realität. Die Auswirkungen spüren inhaber*innengeführte Kleinunternehmen (z.B.
Frisöre und Gastronomie), mittelständische Unternehmen, Pflegeeinrichtungen bis
hin zu Industrieunternehmen. Eine aktive Bildungspolitik kann dieser Entwicklung
entgegenwirken. Außerdem muss Dresden verstärkt in den in anderen europäischen
Ländern um Fachkräfte werben. Hochschule und Berufsausbildung im Dualen System
von Wirtschaft und öffentlicher Hand sind dabei zentrale Instrumente. Wir
wollen, dass die Stadt um Studierende, junge und renommierte
Wissenschaftler*innen wirbt und gezielt Ansiedlung und Ausbau von
Forschungseinrichtungen fördert. Die Geistes- und Humanwissenschaften sind uns
dabei ebenso wichtig wie die technischen Studiengänge . Dresden muss noch für
ausländische Studierende, Wissenschaftler*innen und Fachkräfte aller Branchen
noch attraktiver werden. Die „Blaue Karte EU“ bietet bereits die Möglichkeit der
Zuwanderung von hoch qualifiziertem Personal aus Nicht-EU-Staaten. Allerdings
wird deren Potential durch hohe Anforderungen bei der Beantragung nicht
vollständig ausgenutzt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass mehr „Bluecards“ in
Dresden vergeben werden, indem wir Mittel zur Verfügung stellen, um lokale
Unternehmen und Bewerber*innen während des Beantragungsprozesses beratend zu
unterstützen. Damit wird ein wichtiger Baustein für nationale und internationale
Wettbewerbsfähigkeit von Dresdner Unternehmen und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen und Instituten gefördert. Wesentliche Voraussetzung für
eine hohe Attraktivität als innovativer Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort
ist eine weltoffene Gesellschaft. Wir GRÜNE stehen für eine gelebte
Willkommenskultur. So sollten nicht nur die Dresdner Verkehrsbetriebe, sondern
auch Kultureinrichtungen und Stadtverwaltung durch mehrsprachige Informationen
den Ansprüchen einer Stadt genügen, in der Menschen aus aller Welt leben und
arbeiten. Die Förderung der Innovationsfähigkeit von Dresdner Unternehmen, ist
ein zentraler Aspekt nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums. Wir wollen, dass
auch kleinere und mittelständische Unternehmen von der hiesigen Vernetzung der
Forschungslandschaft, Kultur und Wirtschaft profitieren können. Wir GRÜNE werden
Dresden als Wissenschaftsstandort, als Stadt der Innovation und als starken
Wirtschaftsstandort fördern, ohne dabei den Schutz von Menschen und Umwelt in
unserer Stadt aus dem Blick zu verlieren. In der Forschung und Entwicklung im
Bereich Umweltschutz soll die Stadt Dresden Vorreiterin werden.
Es muss unser zentrales Anliegen sein, möglichst viele Absolvent*innen der
exzellenten Dresdner Hochschulen und anderer Bildungseinrichtungen in der Stadt
zu halten. Dafür brauchen wir attraktive, konkurrenzfähige Job-Angebote aus der
Dresdner Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung sowie ein attraktives Klima für
Existenzgründer*innen. Gleichzeitig wollen wir Plattformen und Netzwerke
entwickeln und stärken, die es Unternehmen und Studierenden ermöglichen,
frühzeitig und nachhaltig miteinander in Kontakt zu treten.
Wir wollen dafür Sorge tragen, dass Migran*tinnen verstärkt in den Arbeitsmarkt
integriert werden – entweder durch Anerkennung ihrer Qualifikation oder dank
gezielter und bedarfsorientierter Bildungsmaßmaßnahmen. Unser Ziel ist es, die
Integration der Migran*tinnen in den Arbeitsmarkt zu erleichtern und Dresdner
Unternehmen bei der Anstellung von Migran*tinnen zu unterstützen.
G. 3) Für einen sanften und naturnahen Tourismus
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen einen Verbund für naturnahen und nachhaltigen
Tourismus für Dresden und die umliegende Region. Dieser Verbund soll das
besondere Erlebnis einer Kulturstadt in einer hochwertigen Naturlandschaft ins
Zentrum stellen. Davon profitieren Rad-, Wander- und Biotourismus, aber auch
Orte, an denen Natur in ihrer Vielfalt erlebt werden kann. Ein digitaler
mehrsprachiger Stadtführer soll Tourist*innen dabei unterstützen, Dresdens grüne
Seiten kennen zu lernen. Dazu gehören die vielfältigen Wanderwege entlang der in
den letzten Jahren naturnah gestalteten Flüsse und Bäche genauso wie Wälder,
Parks oder die Präsentation bürgerschaftlicher Initiativen.
Durch die Förderung autofreier Räume etwa im Stadtzentrum, aber auch in
Stadtteilzentren, steigern wir die Aufenthaltsqualität und schaffen ganz neue
Erlebnispotenziale, die nicht auf schnelle An- und Abreise setzen. Eine längere
Aufenthaltsdauer trägt zu einem verträglicheren Tourismus bei, von dem nicht nur
die bekannten Sehenswürdigkeiten, sondern auch kleinere Geschäfte und
Kulturangebote profitieren. Dresden hat mit seiner Vielfalt an Stadtteilen und
Baustilen hierzu beste, doch bei weitem nicht erschlossene Potenziale.
Für Großveranstaltungen, die den städtischen Lebensraum nutzen, werden wir einen
Nachhaltigkeitskompass erstellen, an dem sich Großveranstaltungenmessen lassen
müssen, und so Dresdens Reize auch für die Zukunft bewahren.
G. 4) Für eine nachhaltige Finanzpolitik
Alle öffentlichen Haushalte profitieren derzeit von der längsten
Aufschwungsphase seit der Wiedervereinigung. Diese hat auch zu deutlich
gestiegenen Einnahmen der Landeshauptstadt Dresden beigetragen, da sowohl die
Schlüsselzuweisungen des Finanzausgleiches, die Förderzuschüsse von Bund und
Land als auch die eigene Steuerkraft in den vergangenen Jahren stetig gewachsen
ist. Verbunden mit der von Zinsaufwendungen entlasteten Schuldenfreiheit im
Kernhaushalt konnten viele kommunalpolitische Projekte realisiert werden. Die
öffentlichen Finanzen Dresdens sind, auch dank einer soliden Haushaltspolitik,
die von uns GRÜNEN vehement vertreten wurde, in einem geordneten Zustand.
Aufgrund der massiven Investitionen in Schulbau und Kultur konnten in den
letzten Jahren keine allgemeinen Rücklagen gebildet werden, die künftige
Einnahme-Schwankungen kompensieren könnten. Eine nachhaltige Haushaltspolitik,
die weitestgehend auf eine Kreditfinanzierung öffentlicher Aufgaben verzichtet,
bleibt eine zentrale Zielstellung grüner Finanzpolitik. Die wachsenden
Kassenkredite städtischer Eigenbetriebe stellen in diesem Zusammenhang eine
besondere Herausforderung dar, auf die wir vorbereitet sein müssen.
Die Generationenfairness gebietet es, auch weiterhin ausgeglichene städtische
Haushalte ohne Neuverschuldung zu realisieren. Dazu ist es erforderlich, dass
Bund und Land an die Stadt übertragene Aufgaben kostendeckend finanziell
ausstatten. Es ist aber ebenso notwendig, durch eine konstruktive Ausgabenkritik
Einsparpotenziale im Stadthaushalt zu identifizieren. Öffentliche Aufgaben
müssen effektiv und sparsam erledigt werden. Verbesserungen der Infrastruktur
dürfen nicht alleine durch Ausgabenerweiterungen, sondern müssen auch durch
Umschichtungen im Haushalt realisiert werden. Die finanzpolitische
Herausforderung der nächsten Jahre besteht in dem Anspruch, sinkende Zuwächse
der öffentlichen Einnahmen nicht mit Leistungseinschränkungen für die
Bürger*innen zu beantworten.
Wir wollen auch in den kommenden Jahren ohne Erhöhung von Steuern und Abgaben
auskommen.
Dresden braucht einen Bürger*innenhaushalt
Wir sind davon überzeugt, dass die Bürger*innen auch über die konkrete
Verteilung von Geldern des Haushaltes mitentscheiden sollen. Ein erster Schritt,
Haushaltsentscheidungen näher an die Bürger*innen zu bringen, war die
Ausstattung der Stadtbezirksbeiräte mit einem eigenen, im Stadtteil einsetzbaren
Haushalt. Darüber hinaus werden wir den Bürger*innen mit jedem Haushalt eine
Liste von Projekten vorlegen, aus denen - im Rahmen der kommunalrechtlich
gegebenen Möglichkeiten - jene umgesetzt werden sollen, die von den meisten
Bürger*innen als besonders wichtig erachtet werden. Dafür wird es ein Verfahren
geben, das nicht nur die Abstimmung, sondern auch einen Austausch über die
Bedeutung der vorgeschlagenen Projekte ermöglicht.